Meine Reise zu mir – Allein in Seoul, aber nicht einsam

Ich bin alleine nach Seoul gereist. Nicht, weil ich unbedingt allein sein wollte. Ich wollte einfach nur Zeit für mich, genießen, erleben. Doch tief in mir war da doch ein leiser Wunsch: Vielleicht würde mir etwas begegnen, das mein Herz tief berührt. Kein konkretes Ziel, kein Plan – eher die Hoffnung, dass sich in der Fremde auch in mir selbst etwas bewegt.
Und das tat es. Nicht im Außen – sondern in meinem Innersten.

Ich war zunächst enttäuscht. Verunsichert. Irgendetwas in mir hatte gehofft, gesehen zu werden, berührt zu werden – auf irgendeine Weise. Und dann begegnete mir Jackys und ihre Geschichte. Sie erzählte von einem intensiven Erlebnis, das sie während ihres Aufenthalts hier hatte. Es war weit entfernt von dem, was ich mir selbst wünsche – und doch traf es mich. Ich fühlte mich erinnert. An meine eigene Sehnsucht. An mein eigenes Nicht-Gesehen-Werden.

Und dann begriff ich: Alle Ratschläge, die ich ihr gegeben habe, waren eigentlich für mich selbst gedacht.


Die Sehnsucht, gesehen zu werden

Ich habe erkannt, dass ein Teil in mir sich nach Verbindung sehnt. Nicht nach einem Märchen – sondern nach Echtheit. Nach Anerkennung. Danach, dass jemand sagt: „Ich sehe dich. Und du bist gut so.“
Aber ich wusste auch: Diese Anerkennung beginnt bei mir. Ich kann nicht erwarten, dass jemand im Außen das übernimmt, was ich mir selbst jahrelang verwehrt habe – Liebe, Zärtlichkeit, Mitgefühl.

Doch alte Stimmen in mir waren laut: Du bist alt. Deine Jugend ist vorbei. Dein Körper ist nicht schön. Du bist nicht liebenswert.
Ich habe gelernt, mich kleinzureden. Über Jahre. Jahrzehnte. Und obwohl ich längst weiß, dass diese Sätze Lügen sind, flüstern sie manchmal noch immer. Besonders dann, wenn ich enttäuscht bin.


Schatten, die zurückwerfen – und ein bisschen Licht

Ich habe mich verglichen. Mit anderen Frauen. Mit alten Vorstellungen davon, wie ich sein müsste, um begehrenswert oder wertvoll zu sein. Ich habe mich verloren gefühlt – und gleichzeitig etwas von mir wiedergefunden.
Denn in Seoul war ich ein unbeschriebenes Blatt. Niemand kannte meine Geschichte. Niemand meine „Fehler“. Ich war frei. Ich konnte sein, wie ich wollte. Und ich war ich selbst – unverstellt, lebendig, echt.

Ich traf Entscheidungen nur für mich. Ging, wann ich wollte. Sprach, wenn ich wollte. Ich war neugierig. Offen. Mutig.
Ich war nicht mehr angepasst, nicht mehr vorsichtig. Ich war die Frau, die ich im Innersten bin, wenn ich mich nicht frage, ob es jemandem gefällt. Und das war so unglaublich befreiend.


Die leise Rückkehr zu mir selbst

Ich habe über Nähe nachgedacht. Über Bindung. Ob ich sie je wirklich zugelassen habe – oder ob ich immer ein bisschen Abstand hielt, aus Angst vor Enttäuschung. Ich habe erkannt: Ich bin oft eine Auster. Hart außen, weich innen – aber selten zugänglich.

Und ich habe mich gefragt: Wann habe ich begonnen, mir selbst nicht mehr zu vertrauen?
Vielleicht waren es Begegnungen mit Menschen, deren Meinung mir viel bedeutete – so sehr, dass ich begann, meine eigene zu hinterfragen. Situationen, in denen meine Gefühle abgetan wurden. Aussagen, die mir das Gefühl gaben, ich sei „zu empfindlich“, „nicht vernünftig genug“, „nicht klar genug“.
Ich merkte: Da war ein Einfluss, der sich schleichend über meine Selbstwahrnehmung gelegt hatte. Nicht aus böser Absicht – aber mit Wirkung.

Ich will so nicht mehr leben. Nicht mehr angepasst. Nicht mehr still. Nicht mehr „zu viel“ oder „zu falsch“. Ich will zurück zu dem, was mich ausmacht. Und ich spüre: Ich bin dabei, diesen Weg zu gehen.


Warum ich nicht mehr auf Bestätigung warte

Ich will keine ständige Korrektur. Keine Anpassung, kein Maßregeln mehr. Ich will keine Liebe, die nur gilt, wenn ich leise oder passend bin. Ich will jemanden – auch in mir selbst – der bleibt, weil ich ich bin. Nicht trotz, sondern wegen meiner Lebendigkeit.
Und: Ich will das auch für mich selbst sein. Meine eigene Konstante. Mein sicherer Ort.


Fazit: Allein gereist. Nicht einsam zurückgekehrt.

Meine Reise nach Seoul war keine romantische Komödie. Es war eher ein stilles Drama mit ehrlichen Erkenntnissen. Mit Tränen. Aber auch mit Momenten tiefen Friedens.
Ich habe nicht „etwas Besonderes“ im Außen gefunden. Ich habe etwas viel Wertvolleres entdeckt: Mich.

Nicht vollständig. Nicht für immer. Aber ein Stück mehr.
Und das reicht für jetzt.


Vielleicht muss man manchmal um die halbe Welt reisen, um zu erkennen, dass der Ort, an dem man am meisten vermisst wurde, das eigene Innere ist.


💬 Schreib mir gerne, wenn dich dieser Text berührt hat.

Oder teile ihn mit jemandem, der auch gerade auf dem Weg zurück zu sich selbst ist.

 

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